Nach dem Eröffnungsangriff gegen Ziele im Iran in der Nacht zum Freitag sind Militärexperten beeindruckt. Der Kriegshistoriker John Spencer gab am Samstag zu Protokoll, dass Fachbücher neu verfasst werden müssten, da Israel Militärgeschichte schreibe.
Der Amerikaner zählte die Punkte auf: 20 hochrangige Kommandeure ausgeschaltet, darunter der Armeechef, neun führende Atomwissenschaftler getötet, die Luftabwehr lahmgelegt, Raketenrampen beschossen, um den Gegenschlag zu begrenzen, und geschützte Nuklearanlagen getroffen. „Nie dagewesen“, konstatierte Spencer.
Den Schlag gegen den Iran hatte Israel jahrelang mit Bravour vorbereitet. So stellte der Mossad insgeheim Drohnen in der Nähe von Teheran auf. In der Nacht des Eröffnungsangriffs wurden sie aktiviert und zerstörten Rampen für Raketen, die für Angriffe auf Israel gedacht waren. Bereits im Oktober hatte Israel einen Teil der Luftabwehr infolge des iranischen Großangriffs zerstört.
Zudem hatte sich die iranische Militärführung einlullen lassen: Da am Wochenende die sechste Verhandlungsrunde bei den Atomgesprächen vorgesehen waren, rechnete niemand in Teheran mit einem Angriff. Die getöteten Generäle schliefen in ihren Privathäusern anstatt in Schutzräumen.
Die Offensive zur Selbstverteidigung war indes nur durch die jüngsten Entwicklungen in der Region möglich: Israel hat die Terrorableger des Iran an den Landesgrenzen (Hamas, Hisbollah) und im Jemen (Huthis) mitunter entscheidend geschwächt. Zuvor stand die Befürchtung im Raum, dass bei einem Angriff auf den Iran diese Terrorgruppen die Vergeltung übernehmen.
In der Nacht zum Freitag erfolgte nun ein Angriff auf das Zentrum des Terrors, und das ist gut so. Die Vernichtung Israels gehört zur „Staatsräson“ der Islamischen Republik. Laut der Internationalen Atomenergiebehörde hat das Land inzwischen Uran für neun Atombomben hoch angereichert. Nach israelischen Erkenntnissen führten Atomwissenschaftler erfolgreiche Experimente beim Atomwaffendesign durch; zudem plante Teheran, Terrorgruppen mit Atomwaffen zu versorgen.
Der Angriff kommt also keinen Tag zu früh. Eine Atomwaffe in den Händen des Regimes in Teheran wäre grausig genug; in den Händen von frei agierenden Terrorgruppen wäre es apokalyptisch. US-Präsident Barack Obama hatte bereits am Anfang seiner Amtszeit 2009 betont, dass nuklearer Terrorismus die „unmittelbarste und extremste Bedrohung für die weltweite Sicherheit sei“: „Ein Terrorist mit einer Kernwaffe kann massive Zerstörungen entfesseln.“
Aber man muss nicht diesen schlimmsten aller Fälle heranziehen, um den israelischen Schlag zu verstehen. Der Führer des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, beschrieb etwa in seinem 2011 veröffentlichten Buch „Palästina“ seine Sicht: Um das „Krebsgeschwür“ Israel auszulöschen, bedarf es einer „langen Phase der Kriegsführung mit niedriger Intensität“, also eines Zermürbungskriegs. Juden im Land Israel soll das Leben derart unerträglich gemacht werden, dass sie es verlassen.
Diese Art von Kriegsführung war in den vergangenen Jahren zur Genüge zu beobachten. Israel war mit ständigen Raketen- und anderen Terrorangriffen der vom Iran kontrollierten Terrorgruppen konfrontiert, die keine andere Nation dulden würde. Was für ein Segen, dass die Raketenabwehr Eisenkuppel seit 2011 zur Stelle war, um Schäden zu minimieren. Dennoch blieb es bei einem Leben unter ständiger Bedrohung, wie etwa bei den Raketenangriffen der Hamas im Mai 2021.
Mit einer Atombombe träte der Iran mit größerer Unverfrorenheit auf. Teheran hatte schon mit den Geldern aus dem Atomdeal von 2015 seine anti-israelische Politik ausbauen und Terrorgruppen wie die Hamas fördern können. Das Terrormassaker vom 7. Oktober war auch durch diese Finanzmittel möglich. Zu den größten Befürwortern des Atomdeals gehörte Deutschland unter Kanzlerin Angela Merkel von der „Christlich Demokratischen Union“ (CDU).
Apropos Atomdeal: Manche kritisieren, dass Israel auf die laufenden Verhandlungen hätte setzen sollen. Gespräche dieser Art waren aber schon immer Augenwischerei. Der Iran spielt seit Jahrzehnten Katz und Maus mit der Weltgemeinschaft. Die IAEA war deshalb schon 2006 mit den Nerven am Ende, so dass sie die Sache dem UN-Sicherheitsrat vorlegte. 2003 hatte sie in einem Bericht festgehalten, dass der Iran seit 18 Jahren geheime Nuklearaktivitäten betreibt.
Der neue Bericht, der Verstöße in den vergangenen 20 Jahren moniert, ist so gesehen nur das neueste Kapitel eines alten Dramas – nur dass der Iran inzwischen erhebliche Fortschritte beim Atomwaffenprogramm gemacht hat. Wer auch nur einen Funken Verstand hat, der weiß, dass Teheran die Verhandlungen missbraucht, um Zeit für den Bau der Atombombe zu gewinnen. Niemand kann von Israel verlangen, das artig abzuwarten.
Die Bedrohung gilt indes nicht nur Israel, sondern der gesamten freiheitlichen Werteordnung. Der „Revolutionsexport“ gehört ebenfalls zur „Staatsräson“ des Iran. Israel steht an der Front im Kampf zwischen Zivilisation und Barbarei und nimmt dabei große Opfer auf sich – zahlreiche Zivilisten wurden in Israel in den ersten Tagen des Krieges durch iranische Raketen getötet.
Bei allen Rückschlägen bleibt diese Eröffnung der Offensive ein Erfolg. Dennoch ist der Ausgang dieser Operation keineswegs klar. Um das Ergebnis als Erfolg für Israel zu werten, wäre ein entscheidender Schlag gegen die Atomanlagen und gegen die Bedrohung aus Teheran das Mindeste.
Besser aber wäre eine dauerhafte Entschärfung des Konfliktes – sprich der Sturz des Regimes. Falls das iranische Volk die Gunst der Stunde nutzt und sich gegen das Regime erhebt, sollten westliche Staatenlenker Mut beweisen und sich an die Seite dieses Volkes stellen.
Dieser Artikel ist zuerst bei Israelnetz erschienen.