14. März 2025 | 14. Adar 5785
Nemi El-Hassan

Kein Denkwandel zu erkennen

Dass Nemi El-Hassan nun doch nicht für den WDR arbeitet, ist eine gute Entscheidung. Denn eine glaubhafte Distanzierung von anti-israelischen Haltungen ist bei ihr nicht zu erkennen. Doch auch der WDR zeigt keine Lernkurve.
Kommentar | 04.11.2021

Nun hat sich der WDR doch noch besonnen: Nemi El-Hassan wird weder vor noch hinter der Kamera für den Sender arbeiten. Dafür gebe es „keine Grundlage mehr“, hieß es in einer Mitteilung vom Dienstag. Damit reagiert der WDR auf einen Gastbeitrag El-Hassans in der „Berliner Zeitung“, der ebenfalls am Dienstag erschienen war. Darin warf die Journalistin dem Sender vor, bei ihrer vorläufigen Absetzung einer „Kampagne“ gegen sie gefolgt zu sein.

Wer die Entscheidung des WDR noch in Zweifel zieht, sollte sich ebendiesen Gastbeitrag näher anschauen. Dort findet sich eine Fülle von Argumenten gegen eine Anstellung bei einem öffentlich-rechtlichen Medium. Zum einen fordert El-Hassan eine Debattenkultur ein, bleibt selbst aber hinter einer solchen zurück. Auf Kritik an ihr antwortet sie mit Opferinszenierung: Sie behauptet, dass sie „im Land der Täter qua Geburt zur Antisemitin erklärt werden soll“. Angesichts der palästinensischen Herkunft ihrer Familie vertritt sie die Meinung, „dass allein unsere bloße Existenz in diesem Land eine Provokation darstellt“.

Likes für Antizionismus

Grandioser könnte die Unterstellung nicht sein. El-Hassan verkennt, dass nicht ihr Dasein als Mensch mit palästinensischen Wurzeln das Problem ist; es sind ihre Taten, die die Debatte um ihre Person befeuern. Um welche Taten es geht, ist inzwischen bekannt: Fragwürdige Likes, Teilnahmen an fragwürdigen Demonstrationen wie dem anti-israelischen Al-Quds-Marsch.

Sie mag sich von alledem verbal distanziert haben. Aber glaubhaft ist das nicht. Denn im Gastbeitrag gibt sie selbst unumwunden zu, Likes bei der antizionistischen Organisation „Jewish Voice for Peace“ abgegeben zu haben. Antizionistisch heißt: Israel soll von der Landkarte verschwinden. Ob man dies nun mit militärischen Mitteln oder mit Wirtschaftsboykott erreichen will: Solchen Haltungen ist ein gewisser Wahn gegenüber dem jüdischen Staat gemein.

Unkritische Darstellung

Diese Haltung zeigt sich auch in ihrer Darstellung des israelisch-arabischen Konfliktes: Man muss zum Schluss kommen, das Staatsziel Israels sei es, Palästinenser darben zu lassen. Von einer arabischen und später palästinensischen Mitverantwortung an den Entwicklungen der vergangenen 100 Jahre im Land westlich des Jordans: Keine Spur. Wenn El-Hassan schon den Anspruch erhebt, allein an journalistischen Qualitäten gemessen zu werden: Von (selbst-) kritischem Denken und einem Bemühen um Ausgewogenheit ist in ihrem Gastbeitrag nichts zu erkennen.

Jeder Mensch hat es verdient, dass Fehltritte in der Vergangenheit nicht die Zukunftschancen verbauen. Voraussetzung ist ein wirklicher Denkwandel. Der steht aber im Falle El-Hassans noch aus. Der WDR hat damit gut daran getan, auf eine Anstellung zu verzichten. Dass er dafür aber nach wie vor die „Bild“-Zeitung als sein Gewissen benötigt, gehört ebenfalls zu den Lehren aus dieser Episode.